BITKOM fordert strengste Bedingungen für Online-Durchsuchung

Bei der vom Bundesinnenministerium geplanten Online-Durchsuchung fordert der Bundesverband BITKOM besonders strenge rechtliche Voraussetzungen. Diese müssten im Gesetzentwurf deutlicher werden. „Online-Durchsuchungen greifen sehr viel tiefer in die Privatsphäre ein als eine Telefonüberwachung“, sagte BITKOM-Präsidiumsmitglied Prof. Dieter Kempf heute auf einer Veranstaltung in Berlin zur IT-Sicherheit.

Online-Überwachungen sollten deshalb nur unter ähnlich strengen Voraussetzungen zulässig sein wie die akustische Wohnraumüberwachung, der so genannte Große Lauschangriff. Eine Durchsuchung von Zentralrechnern der E-Mail-Anbieter im Rahmen der Online-Durchsuchung lehnt der BITKOM ab. Kempf: „Das bringt wenig und schadet nur.“ Jeder Nutzer könne seinen Mailverkehr problemlos über ausländische Anbieter abwickeln. Auch sollten in Deutschland tätige Software-Hersteller nicht verpflichtet werden, für die Sicherheitsbehörden standardisierte Schnittstellen zum Beispiel in Virenschutzprogramme einzubauen. „Kriminelle können mit einem Mausklick auf ausländische Anbieter von Firewalls und Virenscannern ausweichen“, so Kempf. Außerdem müssten die Unternehmen auf dem deutschen Markt Nachteile befürchten, weil eine Sicherheitssoftware mit offizieller Hintertür wenig attraktiv sei.

Online-Durchsuchungen würden, angelehnt an die derzeit gültigen Vorschriften der Wohnraumüberwachung, nur bei bestimmten schweren Straftaten wie Mord oder schweren Fällen von Raub und Korruption erlaubt sein. Eine Überwachung müsste abgebrochen werden, wenn Informationen aus dem persönlichen Kernbereich betroffen sind, die Betroffenen müssten nachträglich informiert werden. Eine solche Überwachung sei von einem Landgericht anzuordnen und nur dann zulässig, wenn alle anderen Wege aussichtslos erscheinen. Kempf: „Damit sollte sicher gestellt werden, dass man mit Online-Durchsuchungen die Richtigen trifft: Schwerstkriminelle und Mitglieder terroristischer Vereinigungen.“

Bei der Vorratsdatenspeicherung begrüßte Kempf, dass die Telekommunikations-Anbieter die Verbindungsdaten für Emails, Internet und Internet-Telefonie erst ab 01.01.2009 für sechs Monate speichern müssen. Die Datenspeicherung bei der Sprachtelefonie, also Festnetz und Mobilfunk, beginnt allerdings schon ab 01.01.2008. Ursprünglich sollten sämtliche Daten schon ab kommendem Jahr gespeichert werden müssen. „Eine generelle Übergangsfrist bis 2009 wäre natürlich besser. Denn unsere Unternehmen müssen technisch und personell aufstocken, um die neuen Vorschriften erfüllen zu können“, so Kempf. Auch für die Speicherung der Sprachtelefonie-Daten sei der Zeitraum bis zur Umsetzung viel zu kurz. Das entsprechende Gesetz ist noch nicht offiziell verkündet. „Allein für die nötige Technik müssen die Netzbetreiber und -provider bis zu 75 Millionen Euro investieren, die Kosten der Internetprovider kommen noch hinzu“, erklärte Kempf. Hinzu kämen jährliche Betriebskosten in zweistelliger Millionen-Höhe.

Ein Schritt in die richtige Richtung sei die geplante Entschädigungsregelung für die Abfrage solcher Daten und die Überwachung von Anschlüssen. Hierzu liegt seit Mitte November ein erster Entwurf vor. Derzeit werden die TK-Anbieter für ihre Auskünfte bezahlt wie Zeugen in einem Strafprozess – mit 17 Euro pro Stunde.  „Endlich erkennt der Gesetzgeber die Belastungen der TK-Unternehmen an“, sagte Kempf. Jedoch liegen die geplanten Entschädigungen weit unter den tatsächlichen Kosten der TK-Unternehmen. Die Zahlungen in Österreich und der Schweiz sind im Schnitt viel höher, teilweise sieben Mal so hoch. Kempf: „Wir wollen eine faire Entschädigung unserer Unternehmen für ihren Beitrag zur Inneren Sicherheit.“

 Quelle: BITKOM

 

Schreibe einen Kommentar