Auf Basis von 100 Millionen E-Mails, die täglich analysiert werden, leitet der Sicherheitsanbieter Message Labs die aktuellen Trends ab. Demnach enthalten über drei Prozent aller elektronischen Nachrichten einen Virus oder Trojaner, damit ist die Anzahl der verseuchten Mails im Vergleich zum Vormonat um ein Drittel gestiegen. Gleich geblieben sind die Anzahl der Spam-Mails, die 68,7 Prozent des Mail-Verkehrs ausmachen
Schlimmer als die Belästigung durch unerwünschte Mails sind die Ziele der Phisher, die versuchen Kontodaten zu ergaunern und damit die Anwender um Geld zu betrügen. Wie die Experten ermittelten erreichten Phishing-Attacken im Januar 2005 einen markanten Höhepunkt, schwächten aber über die Folgemonate wieder ab. Der Mai brachte nun ein Wiederaufleben dieser Bedrohung von bisher unerreichtem Ausmaß. Die Fachleute führen dies auf die ebenfalls markante Zunahme von Zombie-Botnets zurück, die für die Aussendung gewaltiger Mengen Malware benutzt werden. Ziel ist, den finanziellen Profit der Cyber-Kriminellen zu erhöhen.
Die Bemühungen der Gesetzgeber und Strafverfolgungsbehörden scheinen die virtuellen Gangster nicht wirklich abzuschrecken. So wurde der US-Amerikaner Douglas Havard, der gefälschte Kreditkarten mit gestohlenen Daten hergestellt und sich so Geld erschlichen hat, in Großbritannien zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Wie BBC-Online meldet, soll er sich mindestens 700 000 Pfund ergaunert haben. Havard war vor einem Jahr zusammen mit seinem Komplizen Lee Elwood nach einer gemeinsamen Aktion mit dem FBI und dem US-amerikanischen Secret Service verhaftet worden. Der Komplize Elwood wurde Anfang Juni zu vier Jahren Haft verurteilt. Trotzdem steigt die Anzahl der Phishing Attacken weiter.
Auch die Virenautoren verbreiten ihre Schadprogramme mit wachsender Geschwindigkeit. Am 31. Mai tauchte zum Beispiel ein neuer Downloader-Trojaner der "Bagle"-Familie auf. Allein die Message Labs fingen nach eigenen Angaben in der ersten Stunde 70 000 Kopien davon ab. Innerhalb der ersten 24 Stunden erhöhte sich die Zahl dann bereits auf 850 000 Kopien. Dieser Ausbruch war nur einer von vielen im Mai.
Nach Auswertung der einzelnen betroffnen Branchen leidet der gesamte Verwaltungs-Bereich am meisten unter Viren-Attacken. Hier enthielten 15 % aller E-Mails einen Schädling. Demgegenüber konnte sich die Telekommunikationsbranche über einen vergleichsweise niedrigen Anteil von 0,8 % freuen. Betrachtet man die Verteilung der Spam-Mails auf unterschiedliche Branchen, so ergibt sich ein völlig gegensätzliches Bild im Vergleich zur Virenbelastung. Hier ist der Bereich Verwaltung mit rund 43 % deutlich im Vorteil, während die Telekommunikationsbranche knapp 80 % der eingehenden E-Mails als Spam verbuchen muss. Trauriger „Spitzenreiter“ bleibt jedoch nach wie vor das Gesundheitswesen mit nahezu 90 %.
HANDELSBLATT, Donnerstag, 07. Juli 2005, 11:15 Uhr