a-i3 Leitsätze:
1. Die Rechtsprechung des BGH zur Risikoverteilung bei Dialern ist auf Backdoor-Trojaner, die Nutzerdaten ausspähen können, übertragbar.
2. Der Anschlussnutzer begeht keine Obligenheitsverletzung, wenn er seinen PC nicht vorsorglich vor solchen Programmen schützt.
In seinem Urteil vom 22.2.2006 hatte sich das LG Stralsund mit folgendem Fall zu befassen:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung eines Restbetrags aus einer Telefonrechnung. Nicht gezahlt wurde der Teil der Rechnung, der auf 0190-Servicenummern entfiel. Die Klägerin hat Einzelverbindungsnachweise vorgelegt und eine technische Überprüfung des Anschlusses vorgenommen. Dabei wurde festgestellt, dass der Übergangspunkt zum öffentlichen Netz im Haus des Beklagten unbeschädigt war. Die Technische Überprüfung des an die Leitung angeschlossenen Computers des Beklagten ergab, dass sich auf diesem ein Schadprogramm mit der Bezeichnung "Backdoor-Explorer 32-Trojan" befand.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass dieses Programm in der Lage ist, Daten des Nutzers auszuspähen. Allerdings sei es nicht in der Lage eigenständig Internetverbindungen aufzubauen. Daher sei der Fall nicht mit der BGH Rechtsprechung zu Dialern vergleichbar. Der Beklagte war der Auffassung, dass der Fund des Schadprogramms den Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der erstellten Rechnung erschüttert.
Das AG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist erfolgreich.
Zur Begründung führt das LG aus, dass zwar grundsätzlich ein Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der von der Klägerin erstellten Rechnung spricht. Dieser konnte jedoch durch den Vortrag des Beklagten erschüttert werden.
Ausweislich Ziffer 4 der AGB der Klägerin hat der Kunde nur die Preise für eine unbefugte Nutzung zu zahlen, wenn er diese zu vertreten hat. Davon geht das LG im vorliegenden Fall nicht aus. Zunächst bejaht es die Übertragbarkeit der vom BGH in seiner Dialer-Entscheidung aufgestellten Grundsätze. Der Anscheinsbeweis wird bereits durch das Auffinden eines Schadprogramms erschüttert. Insbesonder oblag es nach Auffassung des LG dem Beklagten nicht, seinen Rechner gegen solche Programme zu schützen. Die Rechtsprechung des BGH sei insoweit auch auf Schadprogramme der vorliegenden Art übertragbar. Ohne Anhaltspunkte für einen Missbrauch stellt das Fehlen eines vorsorglichen Schutzes keine Obliegenheitsverletzung des Internetnutzers dar.
Das Urteil im Volltext können Sie hier abrufen.
Fundstelle: LG Stralsund, MMR 2006, 487 ff.